Ist mein Pferd ein Schlachttier oder nicht?

Pferd1Wichtige Informationen zum Status Ihres Pferdes und den damit verbundenen Auflagen!

Wenn wir unsere Pferdebesitzer fragen, ob Ihr Pferd ein Schlachttier ist oder nicht, antworten weit über 90% – „Natürlich ist mein Pferd kein Schlachttier!!“ – zum Teil findet dies schon mit erhobener Stimme statt, da man als Pferdeliebhaber, über diese Frage leicht entrüstet ist. Aber wir müssen leider immer noch feststellen, dass ca. 30% der zu uns kommenden Pferde den „Schlachttierstatus“ haben, und dies den meisten Pferdebesitzern gar nicht bewusst ist oder nur aus Bequemlichkeit so belassen wurden („…da kann ich mich ja dann immer noch entscheiden…“).

Warum ist das wichtig?

Der Gesetzgeber hat das Ziel den Menschen über entsprechende Gesetzgebungen zu schützen. Dies gilt auch beim Verzehr von Lebensmittel tierischen Ursprungs. Da in vielen Ländern wie auch Deutschland Pferdefleisch von Menschen gegessen wird, gilt das Pferd genau wie das Rind oder Schwein als Nutztier. Nun gibt es aber viele Medikamente, die für den Menschen beim Genuss von betroffenem Pferdefleisch schädlich sein könnten. Daher möchte der Staat die Kontrolle über alle Medikamente, die in mögliche Lebensmittel wie Pferdefleisch gelangen.

 

 

 

Wann ist Ihr Pferd ein „Nicht-Schlachttier“?

Jedes Pferd muss über einen Equidenpass (Pferdepass) verfügen. Dieser ist immer beim Pferd speziell bei Transporten (Turnier, Klinik etc.) mit zu führen. Ansonsten soll der Pass am Stall des Pferdes aufbewahrt werden, sollte er anderswo aufbewahrt werden, muss er bei einer evtl. Kontrolle unverzüglich vorlegbar sein. Dieser Pass enthält einen Anhang „Arzneimittelbehandlung“. Dort gibt es die Option, im Teil II, sein Pferd zum Nicht-Schlachttier zu erklären. Nur wenn dem Tierarzt der Pass vorliegt und der Anhang in Teil II korrekt ausgefüllt ist, hat dieses Pferd den Status Nicht-Schlachttier.

 

Was bedeutet der Status „Schlachttier“?

Solange Ihr Pferd ein Schlachttier ist, kann es – falls Sie das wünschen – jederzeit geschlachtet werden, wenn es gesund ist und die Wartezeit für mögliche Medikamente im Körper des Pferdes abgelaufen ist. Damit der Schlachter bzw. Amtstierarzt prüfen kann, ob das Pferd auch schlachtbar ist, muss das Pferd im Pferdepass entsprechend deklariert werden. Es müssen einige Arzneimittel ggf.  im Pferdepass vom Tierarzt eingetragen worden sein und zusätzlich muss der behandelnde Tierarzt Ihnen nach jeder medikamentellen Behandlung einen „Anwendungs- und Abgabebeleg“ aushändigen, aus dem u. a. die mit der Arzneimittelanwendung verbundene Wartezeit bis zum möglichen Schlachttermin angegeben ist.

Schlachtpferde dürfen nur mit Medikamenten behandelt werden, die ausdrücklich für lebensmittellieferende Tiere zugelassen sind, einige wenige andere Präparate dürfen eingesetzt werden, wenn ein Therapienotstand besteht und diese Medikamente im Pass vom Tierarzt eingetragen werden. Danach gilt eine grundsätzliche Wartezeit bis zur möglichen Schlachtung von 6 Monaten. Daneben gibt es Medikamente, die bei Schlachtpferden generell nicht angewendet werden dürfen. Diese dürfen aber bei Nichtschlachtpferden im Falle eines Therapienotstandes, d. h. wenn kein zugelassenes Medikament zur Verfügung steht, zum Einsatz kommen. Dies bedeutet, dass für Nichtschlachtpferde eine größere Auswahl an Medikamenten mit deutlich vereinfachter Anwendung zur Verfügung stehen.

Für Schlachtpferde dürfen auch nur Medikamente für einen kürzeren Anwendungszeitraum (i.d.R. 7 Tage) abgegeben werden, danach muss das Pferd vom Tierarzt nachuntersucht werden, damit sich dieser vom Behandlungserfolg überzeugen kann und anschließend über die erforderliche Weiterbehandlung entscheiden kann. Wieder maximal 7 Tage.

Über die Abgabemenge der Medikamente bzw. den empfohlenen Behandlungszeitraum kann der Tierarzt bei Nichtschlachtpferden nach persönlicher Einschätzung entscheiden, ohne gesetzliche Einschränkungen.

Besitzer bzw. Halter eines Schlachttieres haben zusätzliche Verpflichtungen: jede Arzneimittelanwendung muss in einem sog. “Stallbuch” nach genauen verbindlichen Vorgaben des Gesetzgebers dokumentiert werden. Und das an jedem Behandlungstag einer Therapie, bei 2 x tgl. Anwendung auch 2 Einträge pro Tag, also bei 14 tägiger Anwendung 28 Einträge! Auch diese Aufzeichnungen sind 5 Jahre rückwirkend aufzubewahren und bei einer Kontrolle unverzüglich vorzuzeigen.

Persönliche Aufzeichnungen über Medikamentenanwendungen oder die Sammlung von Tierarztrechnungen und Abgabebelegen reichen definitiv nicht aus!

Zusätzlich sind alle Anwendungs- und Abgabebelege, die Ihnen vom behandelnden Tierarzt ausgehändigt werden, 5 Jahre aufzubewahren. Bestimmte Medikamente müssen bei Anwendung vom Tierarzt im Pferdepass eingetragen werden. Daher ist es wichtig, bei Schlachtpferden den Pferdepass immer kurzfristig verfügbar zu haben. Bei einigen Medikamenten kann der Tierarzt eine Behandlung ansonsten nicht durchführen.

In dem Pass meines Pferdes ist nichts eingetragen?

Dies kann vorkommen. Dann gilt das Pferd aber für den behandelnden Tierarzt als Schlachtpferd und er muss alle notwendigen Maßnahmen durchführen. Wenn Sie das dauerhaft ändern möchten, müssen Sie den Status „Nicht-Schlachtpferd“ eintragen und bestätigen lassen. Hat man aber einmal den Status von Schlachtpferd in Nicht-Schlachtpferd geändert, kann dies nicht wieder rückgängig gemacht werden.

Da es aber gesetzlich vorgeschrieben ist, den Lebensmittelstatus des Pferdes durch den Besitzer oder Verfügungsberechtigten sowie den Tierarzt abzuzeichnen, ist ein entsprechender fehlender Eintrag vorschriftswidrig.

Turniertierärzte sind zukünftig angehalten, nicht nur den korrekten Impfstatus der Pferde zu überprüfen sondern auch den korrekten Eintrag des Lebensmittelstatus. Es wird geplant, das Fehlen der entsprechenden Einträge mit einem Bußgeld zu belegen.

Ich bin ohne Pferdepass oder ohne Arzneimittelanhang beim Tierarzt, was nun?

Grundsätzlich sollte dies nicht sein und falls Sie von der Polizei kontrolliert werden, kann das teuer werden. Ohne Pass hat auch der Tierarzt ein Problem – er darf eigentlich nicht behandeln! Damit wir Ihr Pferd dennoch behandeln können, müssen Sie uns eine Erklärung zur Statusfeststellung Ihres Pferdes und zu den rechtlichen Konsequenzen unterschreiben. Danach können wir Ihr Pferd als Schlachtpferd behandeln – also mit Einschränkungen! Zum Abschluss erhalten Sie von uns den gesetzlich notwendigen Anwendungs- und Abgabebeleg. All diese Formulare sind mit Gebühren verbunden (s.u.). Diese Schreiben werden wir bei Kontrollen den Behörden vorlegen müssen und in der Konsequenz könnte es sein, dass auch Ihr Pferdepass sowie Ihr Stallbuch durch die Behörde vor Ort kontrolliert wird. Einen gültigen Pferdepass können Sie bei der FN – Reiterlichen Vereinigung beantragen. Im Informationsblatt „Benutzerhinweise Equidenpass“ für den Equidenpass der Deutschen Reiterlichen Vereinigung gibt es weitere Informationen.

Habe ich durch den Status „Nicht-Schlachttier“ Nachteile?

Aus unserer Sicht nicht, aber letztendlich müssen Sie das für sich entscheiden. Grundsätzlich ist der Umfang der einzusetzenden Medikamente sowie die Gestaltung des erforderlichen Behandlungszeitraumes ohne Zwischenuntersuchung größer als beim Schlachttier. Definitiv darf Ihr Pferd dann aber nicht mehr geschlachtet werden. Zusätzlich muss es dann für eine Euthanasie bzw. Tötung einen triftigen Grund, wie ein chronisches Leiden geben. Im Klartext: ein kerngesundes Pferd mit Status Schlachtpferd, welches aber aus nicht tierschutzrelevanten Gründen nicht reitbar oder anderweitig nutzbar ist, kann jederzeit geschlachtet werden, dürfte aber falls das gleiche Pferd Nichtschlachtpferd wäre nicht vom Tierarzt euthanasiert werden, da kein tierschutzrelevantes Leiden vorliegt.

 

 

Warum verursacht ein „Schlachttier“ Mehrkosten?

Wie schon ausgeführt, erwartet der Gesetzgeber von uns, dass wir genauestens Buch führen müssen über die beim Schlachttier eingesetzten Medikamente. Diese müssen wir teilweise einzeln im Pferdepass eintragen. Ebenso wird pro Behandlung das Ausfüllen der entsprechenden Spalten in dem Anwendungs- und Abgabebeleg (AUA-Beleg) notwendig. Diesen AUA Beleg müssen wir auch 5 Jahre als Duplikat aufheben. Das ist – in Abhängigkeit vom Behandlungsumfang und der Aufenthaltsdauer – sehr umfangreich und aufwendig. Daher fallen für diesen Aufwand Extragebühren an.

Gebührenliste der sogenannten „Schlachttier-Gebühren“ (Angaben netto):

 

Ausfüllen der Statusfeststellung (GOT 102) Euro 11,44

-Eintragung in den Pferdepass (GOT 102), pro Medikament Euro 6,00

-Abgabe- und Anwendungsbeleg (GOT 102), pro Formular* Euro 11,44 *

*Es kann vorkommen, dass pro Behandlungstag mehre Formulare technisch notwendig werden!

 

Da die tierärztlichen Praxen von den Kontrollbehörden noch einmal auf die strikte Einhaltung der Dokumentationspflicht hingewiesen worden sind, müssen wir in Zukunft diesen Aufwand ohne Einschränkungen durchführen. Daher möchten wir Ihnen in Ihrem Interesse nahelegen, dass Sie den Pferdepass immer mit dem Pferd führen und dass Sie sich – wenn für Sie möglich – für den Status des Nicht-Schlachtpferdes entscheiden.

Ihr Team der Tierärztlichen Praxis für Pferde Dr. med. vet. Ulrich Mengeler