Endoparasiten – alles richtig gemacht?

Zeitgemäße Selektive vs. strategische Wurmbekämpfung

Eigentlich sind „Würmer“ also Endoparasiten als mögliches Problem für die Gesundheit des Pferdes jedem Reiter oder Pferdehalter bekannt. Unwissenheit besteht oft hinsichtlich der richtigen Strategie der Bekämpfung: wer, was, wann, wieviel und warum….

Viele überlassen die Entscheidung über das „Managment“ einfach dem Stallbesitzer, der wird sich ja wohl auskennen… Daneben spielt oft der Preis des Präparates eine entscheidende Rolle über Einsatz oder Nichteinsatz. Zusätzlich wird ein Präparat oft geteilt („für Ponies reicht die Hälfte…“) und aus Nichtkenntnis des Pferdegewichtes durch nicht angepasste Packungsgröße unterdosiert.

Dies alles sind Fehleinschätzungen, die fatale Folgen haben können:

Allein im letzten Quartal mussten bedauerlicherweise 2 uns leider erst sehr spät vorgestellte  Pferde unnötig sterben, da sie Opfer eines unbemerkten massiven Parasitenbefalls wurden und wegen der entstandenen Organschäden auch trotz intensivster Bemühungen nicht mehr gerettet werden konnten. Dabei glaubten die Besitzer und die Halter, sie hätten in Sachen Wurmbekämpfung immer alles richtig gemacht…

 

Fall1: Friesenstute

Eine achtjährige Stute aus kleinem Bestand kam zur weitergehenden Abklärung zu uns in die Praxis. Der Haustierarzt hatte sie schon einige Tage wegen Fieber behandelt. Vorberichtlich wurde die Stute regelmäßig entwurmt. Das Allgemeinbefinden des Pferdes war zu diesem Zeitpunkt schon beeinträchtigt, auffällig waren auf den ersten Blick auch die blassen Schleimhäute. Die Blutuntersuchung zeigte starke Veränderungen: ausgeprägte Blutarmut, massive Abweichungen bei den Enzündunsgparametern, Verlust von Eiweißen und anderen wichtigen Parametern. Eine Kotuntersuchung gab dann weiteren Aufschluss: ein massiver Befall mit Strongyliden („Blutwürmer“) hatte die Darmschleimhaut so weit geschädigt, dass diese bereits chronisch entzündet war und dem Pferd so kontinuierlich Nährstoffe, vor allem Eiweiße, verloren gingen.
Trotz der sofort eingeleiteten Behandlung mit einem effektiven Medikament gegen diese Parasiten, einer Flüssigkeitstherapie, allgemein intensivmedizinisch üblichen Therapien und unterstützenden diätetischen Maßnahmen verschlechterte sich der Zustand der Stute in den nächsten Tagen zusehends so, dass wir sie leider erlösen mussten. Die Schädigungen an den inneren Organen waren leider irreparabel.

 

Fall2: Warmblut-Jährling

In einem gelegentlich betreuten Zuchtstall fiel ein Jährling durch Apathie und Futterverweigerung auf. Das junge Pferd hatte hohes Fieber war deutlich abgemagert, was auf Grund des langen Winterfells dem Besitzer nicht aufgefallen war. Blutuntersuchungen zeigten einen hochgradigen Infekt, Blutarmut, Nährstoffdefizite und ein beginnendes Nierenversagen. Die Kotuntersuchung ergab einen höchstgradigen Befall mit Rundwürmern, speziell kleinen Strongyliden. Trotz intensiver Therapie mit Medikamenten, Infusionen, Plasmatransfusionen und Blutübertragung ist die Stute aufgrund eines Multiorganversagens verstorben. Dieses Pferd wurde zuvor nicht regelmäßig entwurmt und auch im Bestand besteht kein strukturiertes Parasitenmanagement. Es ist davon auszugehen, dass besonders durch den extremen Befall mit Endoparasiten das Immunsystem des jungen Pferdes und diverse Organfunktionen so weit geschwächt waren, dass es extrem anfällig für weitere Infektionen war und ihm keinerlei Abwehrkräfte für die akut aufgesetzte Infektion zur Verfügung standen.

 

Was tun…?

Bei der Bekämpfung von Wurmbefall sollte die Frage nicht lauten „billig oder teuer“, sondern „notwendig oder nicht notwendig“ und „wirksam oder nicht wirksam“! Am teuersten ist letztendlich  die Kombination „billig, nicht notwendig und nicht wirksam“, eine Variante, die wir leider in der Praxis sehr häufig antreffen.

Es besteht oft die Meinung, man könne den Grad der Verwurmung an der äußeren Erscheinung des Pferdes erkennen. Dies ist leider definitiv nicht der Fall, denn auch bestens aussehende Pferde können massiv befallen und starke Vermehrer/ „Ausscheider“ von Wurmeiern sein, die so durch Infizierung der Weideflächen und Ausläufe die Gesundheit des ganzen Pferdebestandes gefährden. Unter bestimmten Umständen können zwar auch solche Pferde spontan klinisch erkranken und Opfer ihrer Parasiten werden, häufig stellen sie aber nur eine Gefahr für den Bestand dar, indem sie einen hohen Infektionsdruck erzeugen. Diese Pferde gilt es zu erkennen und strategisch zu behandeln. In eigenen Untersuchungen in verschieden großen Pferdebeständen mit 10-55 Pferden war festzustellen, dass regelmäßig nur 10-30 % der Pferde stärkere Parasiten-Ei-Ausscheider waren und 70-90 % nicht. Bei einer „Standard“-Bestandsentwurmung werden also evtl. der Großteil der Pferde unnötig entwurmt und ein kleiner Anteil nicht präzise und gründlich genug.

In Untersuchungen von Tierarzt Dr. Marcus Menzel aus der Tierarztpraxis in Thurmading liegen Erfahrungen über die Untersuchungsergebnisse von knapp 8.000 Pferden aus über 1.300 Beständen vor: Auch bei dieser großen Pferdezahl kommt der erfahrene Kollege zu dem Ergebnis, das je nach Betrieb 70-80% der Pferde nicht ernstzunehmend befallen und somit nicht regelmäßig zu behandeln sind und nur 20-30 % adäquat und konsequent therapiert werden müssen. Dr. Menzel empfiehlt seit 2011 in seiner Praxis die zeitgemäße selektive Entwurmung und wendet diese konsequent an. Die Erkenntnisse und Vorteile der Methode sprechen für sich! Auf seiner Webseite www.selektive-entwurmung.com kann man sich ausführlich über die Methode sowie deren Nutzung informieren. Die Untersuchung der Kotproben erfolgt nach einem zertifizierten Muster mit Zählung der Wurmeier pro Gramm Kot (EPG), Bewertung der Proben, Dokumentation der Ergebnisse und Durchführungen von Wiederholungsuntersuchungen in individuell angepassten Abständen. Alle Ergebnisse werden in einer speziellen Software erfasst und können über einen langen Zeitraum gezielt interpretiert werden. Die Langzeiterfassung ermöglicht entsprechende Auswertungen und ein gezieltes Wurmbekämpfungsmanagment. Es gibt z. B. teilnehmende Betriebe mit über 50 Pferden, die nach 3 Jahren der gründlichen Kotproben-Analyse und gezielten Behandlungen sowie entsprechendem Haltungsmanagment nur noch weniger als 10 % der Pferde regelmäßig entwurmen müssen, die restlichen Pferde werden nur noch nach einem angepassten Schema untersucht.

 

Wir sind davon überzeugt, dass die weitere unreflektierte Anwendung „altbewährter“  Wurmbekämpfungsstrategien dringend überdacht und dem aktuellen Wissens- und Kenntnisstand zum Wohl der Pferde und der Umwelt angepasst werden sollte. Die „altbewährten Methoden“ haben sich auch zu einer Zeit etabliert und bewährt, als andere Wurmarten im Vordergrund standen und gänzlich andere Pferdehaltungsformen als heutzutage üblich waren. Des Weiteren drängen einen in den letzten Jahren und Jahrzehnten entstandene Resistenzen von Wurmarten gegen bestimmte Wirkstoffe zum Umdenken! Wir machen in unserer Praxis regelmäßig die Erfahrung, dass beispielsweise insbesondere Spulwürmer bei jungen Pferden und auch Kleine Strongyliden resistent gegen Ivermectin und zum Teil auch gegen das modernere Moxidectin sind – alarmierend. Mit durchaus aktuellen starken Wurmpräparaten 4 x im Jahr entwurmte Pferde weisen immer noch einen erheblichen Befall aus.

Es sollte sich also etwas ändern….! Der erste Schritt ist eine ausführliche Information und Beratung sowie eine erste Kotprobenuntersuchung mit Eizählung nach McMaster-Verfahren bei Ihrem Pferd.

Mittel- bis langfristig ergeben sich für die meisten Pferdebesitzer auch finanzielle Vorteile, weil bei regelmäßig untersuchten und sicher bewerteten Pferden wesentlich weniger Anwendungen von Wurmbehandlungen erforderlich sind. Sind Sie allerdings Besitzer eines stärkeren Ausscheiders mit regelmäßig hohen Eizahlen pro Probe, werden auch weiterhin wiederholt Wurmbehandlungen erforderlich sein. Die Anwendung erfolgt allerdings gezielt und mit angepassten Wirkstoffen, was Ihrem Pferd letztendlich auch zu Gute kommt.

Deshalb empfehlen wir jedem Pferde- bzw. Ponybesitzer die Anwendung der zeitgemäßen und selektiven Entwurmung, auch wenn am Anfang, d. h. in den ersten 1-3 Jahren der Aufwand etwas größer ist. Dieser anfängliche Mehraufwand macht sich aber schnell und nachhaltig bezahlt:

  • Kotprobenuntersuchungen nach McMaster-Verfahren vor und nach einer Wurmkur ergeben eine sinnvolle und effektive Parasitenbekämpfung durch
  • Einschätzung der Notwendigkeit und Überprüfung der Wirksamkeit einer Behandlung
  • Identifizierung chronischer starker „Eiausscheider
  • Gezielter Einsatz von Wirkstoffen und Erhalt deren Wirksamkeit zur nachhaltigen Resistenzvermeidung
  • Schonung von Tieren und der Umwelt
  • Stimulierung des Immunsystems der Pferde durch kontrolliert geringe Konfrontation
  • Mittel- bis langfristig mögliches Einsparen von Medikamentenkosten
  • Verringerung der Belastung von Weiden und Ausläufen durch Wurmeier und Larven und damit Senkung des Infektionsrisikos
  • Damit mögliches Erreichen und Erhalten einer Bestandsgesundheit

 

Bei Interesse an dieser fortschrittlichen und vorteilhaften Methode und weiteren Informationen wenden Sie sich gerne an unsere Praxis.

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